Das Narrenbuch von 1863

1863 wurde von der „Gesellschaft Frohsinn“ das, in Leder gebundene, Überlinger Narrenbuch angelegt. Das nebenstehende Deckblatt lässt schon erahnen mit welcher Sorgfalt und mit welchem künstlerischem Aufwand die entsprechenden Karikaturen und zeitkritischen Ereignisse zur weltpolitischen und lokalen Lage dokumentiert wurden.

Am 3.Februar 1865 wurde durch die Gesellschaft Frohsinn und dem damaligen Narrenkomitee von 1864 der Beschluss gefasst, dass das Narrenbuch vom 1.Januar bis Ostern des laufenden Jahres durch das Narrenkomitee zum zweckdienlichen Gebrauch verwahrt wird.

Das Narrenbuch wurde bis in das Jahr 2000 durch unsere Narrenbuchschreiber geführt. Aus Platzgründen wurde im Jahr 2001 ein neues angelegt, welches dem heutigen Zeitgeist entspricht, in Form und Qualität dem ersten aber in nichts nachsteht. Um einen kurzen Abriss über die Inhalte zu geben, ist nachfolgend eine kleine Auswahl der Abbildungen des Narrenbuches zu sehen.

Narrenbuch
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Vorwort an die Nachwelt Ihr Narren!

 

Die Ihr diese Worte in vielleicht zweihundert Jahren leset. Denket daß schon tausend Jahre vor Euch menschliche Wesen gelebt haben, deren Herz für Liebe und Freude, für Freundschaft und Geselligkeit schlug und daß es Narren gab, welche dem Vorbild ihrer Urväter getreu sich jedes Jahr fröhlich in die Arme der Narrheit geworfen haben. Denket dann der lustigen Gebeine in ihrer ewigen Ruhe, und glaubet, sie haben wie wir gelebt und geliebt und gescherzt und gelacht. Den Ruhenden unter dem Grase sei freundlichst ein Gläschen gebracht

1864

 

Ab 1864 zeigen sich die Seiten in sehr aufwendig, handgemalten Darstellungen und Texte. „Worin denen, die nach uns, kundgethan, wie wirs gehalten, ihnen zur Aufmunterung, auf daß sie thun, wie ihre Väter thaten“

Narrenbuch 1884
Narrenbuch 1903

1903

 

Die globale Industrialisierung erreicht Überlingen. Der Bau der Eisenbahn am Bodenseeufer brachte eine Abstimmung in der Überlinger Bevölkerung mit sich, ob die Bahn direkt am Ufer, oder durch zwei Tunnels geführt werden sollte. Mit nur einer Stimme Mehrheit wurde für die Tunnellösung abgestimmt. Der Bau von Strommasten und die Verwendung der Elektrizität wurden ebenfalls karikiert. Motto der Zeichnung: Überlingen will und muss Großstadt werden

1914 – 1918

 

Die Wirren des ersten Weltkrieges haben auch Überlingen erreicht. Die Fastnacht kam zum erliegen und der Hänsele wurde sprichwörtlich an den Nagel gehängt und musste gegen Stahlhelm und Schutzmaske eingetauscht werden. Dieser Zeitraum wurde vom Narrenbuchschreiber mit dem Satz „Hänsele-Ersatz 1914 – 1918“ festgehalten.

Narrenbuch 1914-18
Narrenbuch 1933

1933

 

Die Zeit der Nationalsozialisten ist angebrochen und die zeitlichen Ereignisse gleichem einem Pulverfass, an dem eine Lunte brennt.

1934

 

Eine zögernde Maus in den Farben der Narrenkappe vor einer Mausefalle, deren Falltür mit eindeutigen Zeichen versehen ist. Früh schon erkannte unser Narrenbuchschreiber Victor Mezger die Brisanz der politischen Ereignisse in den 30ern.

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1939 – 1947

 

1939 – 1947 befinden sich keine Einträge im Narrenbuch der Zunft. Der italienische Satz „Vivere pericolosamente“ (gefährliches Leben) findet sich im Narrenbuch für diese Zeit. Ein Narrenrat in ziviler Kleidung und Narrenkappe mit gestelltem Fuchsschwanz unter einem mit Granaten geschwängerten und wolkenverhangenen Himmel, welcher sich die die Ohren zuhält, sprechen für sich. So schreibt Victor Mezger: Mehr als noch in Worten ist in Bildern aller Art festgehalten, was sich an närrischen Begebenheiten all die Jahre her abgespielt hat. Aber es ist kaum etwas von der Organisation und den Personen welche sie getragen haben die Rede, sodaß wir, um späteren Geschichtsschreibern der Überlinger Narretei ihre tiefgründigen Forschungen zu erleichtern, doch einmal den Vorhang lüften müssen ….

Narrenbuch 1939 bsi 1940
Narrenbuch 1947

1947

 

1947 lernt die Fasnacht wieder laufen. Erst zögerlich, dann aber richtungsbestimmend nimmt die Überlinger Narretei wieder Fahrt auf.

1977

 

Über die Zeit des Wirtschaftswunders hinweg gelangen wir zum Jahre 1977, als der zwischenzeitlich per Handschlag gegründete Viererbund einen Narrentag in Überlingen abhielt. Das wohl bekannteste Bild in unserem Narrenbuch zeigt die Masken der Narrenzünfte aus Elzach, Rottweil, Überlingen und Oberndorf auf einem Hecht reitend.

Narrenbuch 1977
Victor Mezger Narrenbuch

1989

 

Im Jahre 1989 verstarb unser Narrenbuchschreiber Vivtor Mezger. Im wurde in Anerkennung seiner Dienste für die Narrenzunft Überlingen, dem Narrenbuch und der Überlinger Fastnacht ein Seite gewidmet.

1988 bis heute

 

Seit 1988 wird das Narrenbuch durch unseren Narrenratskollegen Fridolin Mandausch illustriert und mit entsprechenden Texten versehen, welche die fastnachtliche Tradition für unsere Nachkommen dokumentieren.

1993